Fledermauswald im Wildenloh

 In Forstamt Neuenburg, Regionale Presseregion West

Ausgleichsmaßnahmen für Stromtrasse

(Neuenburg/Wildenloh) Zum Schutz und Erhalt von Fledermäusen haben die Niedersächsischen Landesforsten im Wildenloh der Försterei Oldenburg jetzt künstliche Fledermausquartiere geschaffen, um den Eingriff in den Lebensraum der Tiere durch den Bau einer 250 KV Stromtrasse vom Energieversorger Tennet bei Friedrichsfehn auszugleichen.

Spezialisten am Werk

Bei dieser zeitlich vorgezogenen Ausgleichsmaßnahme ist ein Team von spezialisierten Forstwirten und Förstern der Landesforsten am Werk, die mit Motorsäge und Hubsteiger künstliche „Wohnungen“ für Abendsegler und Co. in die Bäume sägen. „Dabei ist die Wahl des Standortes sehr wichtig“, erklärt Jann Onno Mumme, Förster für Naturdienstleistungen im Forstamt Neuenburg. „Fledermäuse benötigen alte und reich strukturierte Wälder. Im Wildenloh haben wir dafür passende Eichen und Buchen gefunden.“

Ausreichend Quartiere

Die Firma Tennet hat im vom Bau der Trasse betroffenen Gebiet vier Fledermausquartiere kartiert. Um den erfolgreichen Umzug der Tiere sicherzustellen, bauen Mumme und seine Kollegen doppelt so viele Unterschlüpfe. „So haben die Tiere eine Auswahlmöglichkeit und eine Umsiedlung gelingt eher“, schildert der Förster die Arbeiten. Insgesamt werden 28 Fledermauskästen an 15 Bäumen aufgehängt. Außerdem sägen die Forstleute zusätzlich künstliche Höhlen in die Bäume. Mumme: „Fledermauskästen werden im Siedlungsraum gerne von Langohr-, Zwerg- und Rauhhautfledermäusen angenommen. Hier sind sie ein probates Mittel, um Tagesquartiere für die Arten zu schaffen. Aktuelle Untersuchungen zeigen aber auch, dass andere Fledermäuse ein sehr tradiertes Verhalten an den Tag legen. Sie nehmen nur solche Höhlen an, die sie auch kennen. So kann es bis zu 10 Jahre dauern, bis Fledermauspopulationen, die nicht an Kästen gewöhnt sind, diese als Quartier beziehen.“

Freier Zugang

Die Fledermäuse brauchen zu ihren Tagesquartieren einen freien Anflug. Zur Orientierung nutzen die nachtaktiven Säugetiere Ultraschalllaute. Direkt beim Anflug zu den Höhlen wird das gerne mal „ausgeschaltet“. Also müssen Äste und kleinere Bäume entfernt werden. Die Quartiere sollten im Halbschatten oder Schatten hängen, damit diese tagsüber nicht überhitzen. „Fledermäuse sind klug. Wir gestalten die Baumhöhlen immer auf die gleiche Weise. So können die Tiere diese wiedererkennen und das erlernte Wissen um die neuen Behausungen weitergeben“, sagt Joachim Decker, Forstwirtschaftsmeister und Spezialist für Ausgleich- und Ersatzmaßnahmen. Ein wenig stolz ist er, weil sein Team dieses Verfahren entwickelt und mit Erfolg schon mehrmals erprobt hat.

Geschnitzte Höhlen, statt Kästen

Die Maßnahme läuft unter dem Schlagwort „Veteranisierung von Habitatbäumen“. An relativ jungen Bäumen, bei Buchen und Eichen ca. ab 100 Jahren, werden Strukturen geschaffen, die man natürlicherweise erst an deutlich älteren Bäumen findet. Diese geschnitzten Höhlen haben viele Vorteile gegenüber künstlichen Kästen. Das Kleinklima in der Höhle ist deutlich ausgeglichener. Außerdem findet in den Baumhöhlen eine Sukzession im Sinne einer ökologischen Reifung statt. „Gute Erfahrungen haben wir mit diesem Verfahren in Aurich, im Wittmunder Wald und in den Horstbüschen bei Gristede gesammelt“, so Decker.

Weiterhin müssen sich die Quartierbäume in unmittelbarer Nähe zueinander befinden, weil Fledermäuse in Gruppen leben und nicht territorial sind wie unter anderem Vögel. „Zum Abschluss werden die Bäume per GPS eingemessen und mit einer Nummer versehen. Die Anzahl und Art der Fledermausbehausungen werden festgehalten. Darauf baut dann unser begleitendes Monitoring auf“, erläutert Jann Onno Mumme das Verfahren.

 

Hintergrund

 

Die zeitlich vorgezogene Ausgleichsmaßnahme wird fachlich CEF-Maßnahme genannt. Das steht für „continuous ecological functionality-measures“ und bedeutet übersetzt so viel wie eine „Maßnahme für die dauerhafte ökologische Funktion“. Sie dient dem Artenschutz und soll gewährleisten, dass der günstige Erhaltungszustand der lokalen Fledermauspopulation durch vorgezogene Schutzmaßnahmen gesichert ist.

Die Eingriffsregelung in Deutschland sieht bei Veränderungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes die Umsetzung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vor. Das bedeutet, dass Handlungen, die zu einer Schädigung oder Zerstörung (Beeinträchtigung) führen, gleichwertig oder gleichartig ausgeglichen werden müssen. Die Rechtsgrundlagen dazu finden sich im Bundesnaturschutzgesetz und im Baugesetzbuch.
Bei Belangen des Artenschutzes von streng geschützten Arten, wie z.B. den Fledermäusen, ist die planungsrechtliche Hürde noch einmal strenger gefasst.

Die Niedersächsischen Landesforsten bieten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen an, die zu nachhaltiger Aufwertungen der Schutzgüter des Naturhaushaltes führen und gleichzeitig einen schonenden Flächenverbrauch erzielen. Seit 2007 wurden in nahezu allen Naturräumen Niedersachsens über 50 größere Kompensationsflächenpools mit einer Gesamtfläche von ca. 2.800 ha in Zusammenarbeit mit den zuständigen Naturschutzbehörden eingerichtet.

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