Jäten mit dem Bagger
Forstamt Nienburg entfernt Spätblühende Traubenkirsche zugunsten heimischer Baumarten
(Rehburg/Nienburg) In ihrer Heimat Nordamerika wächst die Spätblühende Traubenkirsche als stattlicher Baum, der gute Holzqualitäten liefert. In Europa jedoch benimmt sich die Baumart eher wie ein Unkraut. Sie breitet sich unkontrolliert aus und nimmt den heimischen Baumarten den Platz im Wald. Das Forstamt Nienburg der Niedersächsischen Landesforsten hat jetzt einen Versuch gestartet, den amerikanischen Kirschbaum loszuwerden.
Traubenkirsche flächig entfernen
Jörg Brüning, Revierleiter der Försterei Grinderwald-Rehburg, geht durch den alten Kiefernbestand im Rehburger Forst. Überall an den Fahrgassen liegen Haufen von Laubbäumchen. Der Waldboden sieht stellenweise wie umgegraben aus. In der Ferne fährt ein Bagger. „Hier war die Maschine schon tätig. Wir wollen die Spätblühende Traubenkirsche möglichst flächig entfernen, zumindest in ihrer Verbreitung einschränken. Dazu zieht der Bagger die kleinen bis mittelgroßen Bäume samt Wurzel aus dem Boden. Das ist ein wenig so wie Unkraut jäten im Garten“, erklärt der Revierleiter.
Invasive Baumart aus Nordamerika
Das Kneifaggregat des Baggers trennt nach dem Herausziehen die Wurzel vom Stamm und legt diese auf die Fahrgasse. „Die Spätblühende Traubenkirsche ist eine sehr wuchskräftige Baumart. Sie vermehrt sich stark über ihre Früchte, ist aber auch in der Lage aus dem Stock auszuschlagen. Deswegen ist es wichtig, den Baum mitsamt seiner Wurzel zu entfernen“, führt Brüning weiter aus. Weil die Traubenkirsche so erfolgreich in ihrer Vermehrung ist, beschreiben Forstleute ihr Verbreitungsverhalten bei uns als invasiv. Das bedeutet, dass sie sich so schnell und stark entwickelt, dass heimische Baumarten auf gleicher Fläche keine Chance gegen sie haben. Das Ergebnis: Mit der Zeit steht fast nur noch Spätblühende Traubenkirsche im Wald, die sich in Europa schlecht ins ökologische Gefüge des Waldes einfindet und hier keine guten Holzqualitäten liefert.
Pflanzung heimischer Baumarten
„Wir wollen hier im Rehburger Forst, wie auf allen unseren Flächen einen klimafitten Laubmischwald etablieren. Dafür setzen wir vor allem auf unsere heimischen Baumarten. Hier sind das die Buche und Traubeneiche. Die Douglasie ist ein Beispiel für eine fremdländische Baumart, die sich anders als die Traubenkirsche bei uns ins ökologische Gefüge einpasst. Auch diese wollen wir pflanzen“, berichtet Brüning weiter. Nach der Entfernung der Traubenkirsche will der Förster einen Teil der Altkiefern ernten. Die Baumpflanzungen schließen sich zeitlich direkt an die Holzerntemaßnahme an.
Schatten vertreibt die letzten Traubenkirschen
Natürlich ist die Traubenkirsche nach den Arbeiten nicht flächig verschwunden. Die kleinen Keimlinge aus diesem Jahr sind zum Beispiel noch da. Auch Restwurzeln der älteren Traubenkirschen sind zum Teil noch vorhanden. Die Traubenkirsche treibt also im nächsten Frühjahr wieder aus, sie ist in ihrem Wachstum allerdings deutlich gehemmt. Das verhilft den neu gepflanzten Bäumen wie Buche und Douglasie zu einer ungestörten Entwicklung. Mit der Zeit beschatten die jungen Bäume den Waldboden so stark, dass es für die Traubenkirsche zu dunkel zum Wachsen geworden ist.
„Bis es so weit ist, gehen wir jährlich in die Kultur und schneiden die Traubenkirsche zurück“, sagt Brüning. Das Ziel ist es, innerhalb von 10 Jahren die Traubenkirschen durch Beschattung zurückzudrängen und einen gut gemischten Wald mit heimischen Baumarten auf den Weg gebracht zu haben.
Hintergrund
Im Rehburger Forst wurde die Spätblühende Traubenkirsche (Prunus Serotina) in die nadelholzgeprägten Wälder der Nachkriegszeit gepflanzt. Ihr Nutzen wurde in der Waldbrandeindämmung, ihrer Fähigkeit, mit ihrem Laub den Boden zu verbessern und der reichhaltigen Futterquelle für Vögel gesehen.
Die Traubenkirsche wächst in kühl-feucht temperierten Wäldern. Natürlicherweise stockt sie auf allen sauren, nährstoffarmen und tiefgründigen Böden. Sie ist relativ frosthart und anspruchslos.
In seiner Heimat kann der Kirschbaum ein Alter bis zu 200 Jahren, eine Höhe von bis zu 38 m und einen Durchmesser in Brusthöhe von über einem Meter erreichen. Dabei wächst sie in der Jugend sehr schnell, wenn sie ausreichend Licht zur Verfügung hat. Im Schatten kümmert ihr Wuchs.
Die Vermehrung der Pflanze findet sowohl generativ durch Endochorie (Verdauungsausbreitung) sowie vegetativ durch Wurzelbrut und Stockausschlag statt. In lichten Wäldern ist die Fähigkeit der Vermehrung bereits ab einem Alter von vier Jahren gegeben. Die Zwitterblüten werden insektenbestäubt, die Fruchtreife liegt im August.
Aufgrund des hohen Vermehrungs- und Ausbreitungspotenzials (Stockausschlag und Wurzelbrut) ist die Spätblühende Traubenkirsche invasiv. Dadurch beeinflusst sie in vielen Teilen des Verbreitungsgebietes sowohl die Artenzusammensetzung als auch die Struktur der Ökosysteme negativ. Eine ökologische Integration in natürliche oder naturnahe Waldökosysteme ist daher nicht möglich.
Das Holz der Spätblühenden Traubenkirsche ist zerstreutporig. Das Kernholz ist hell rötlichgelb bis blass rötlichbraun und dunkelt nach. Es gehört zu den mittelschweren Holzarten. Die Witterungsbeständigkeit ist gering. Bei gutem Wuchs liefert die Traubenkirsche Furnierholzqualität, welches zum Beispiel im Möbelholzbau Verwendung findet. In Deutschland wird Traubenkirsche vorwiegend als Brennholz genutzt.
Das Kirschfleisch wird in Nordamerika zur Herstellung von Sirup, Mus, Gelee und Wein genutzt.
Bilder (Landesforsten/Schmidt) zum kostenlosen Download finden Sie hier.
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