Landesforsten setzen im Solling auf Torfwachstum
Klimaschutz im Sauseschritt – Dem Heidelbeerbruch entschweben die Fichten
(Dassel) Während in Niedersachsen noch vielerorts Torf abgebaut wird verfolgen die Landesforsten auf ihren eigenen Flächen einen gegenläufigen Trend. Sie beschleunigen seit Jahren ihr Moorschutzprogramm und vergrößern kontinuierlich die Wachstumsfläche für Torf. Im Forstamt Dassel nahe Sievershausen wollen Forstleute jetzt ein weiteres Teilstück eines Sollingmoores wiederbeleben. Die ersten Renaturierungen im großen Waldmoor Heidelbeerbruch hatten die Niedersächsischen Landesforsten 2008 begonnen. Nun soll ein weiterer Bereich renaturiert werden. Dazu haben in dieser Woche Baumfällarbeiten begonnen. Laut Waldökologen und Moorexperten entziehen Fichten zu viel Wasser und Licht. Sie müssen weichen, damit wieder neues Torfmoos wachsen kann. Im nächsten Jahr wird ein Bagger alte Entwässerungsgräben verschließen. Ziel ist es, einen besonders wertvollen Bereich des ehemals 40 Hektar großen und vollständig von Wald umgebenen Hangmoores wieder zu vernässen.
Klima verbessern und Moorboden schützen dank Baumlift
Die Wiedervernässung ist Voraussetzung für das Wachstum spezieller Torfmoose, aus denen sich der Moorkörper aufbaut. Gräben und aufwachsende Fichten entziehen dem Gebiet bisher das Wasser und lassen das Moor schwinden. Dabei werden viele Tonnen Kohlendioxid frei, die zur Klimaerwärmung beitragen. Ein intaktes Moor dagegen speichert CO2 beim Wachsen der Torfmoose. Hat sich ein Moor nach der Renaturierung erholt, arbeitet das Gebiet langfristig wieder als Kohlenstoff-Senke. Das Moor leistet damit einen wertvollen Beitrag für den Klimaschutz. Gleichzeitig verbessern Forstleute den Wasserrückhalt und verhindern bei Hochwasserspitzen Überflutung außerhalb der Wälder.
Die Baumfällarbeiten sind Voraussetzung dafür, den wertvollen Lebensraum Moor mit seinen seltenen Pflanzen- und Tierarten wieder zu entwickeln. Und die Fichtenholzernte hilft im Ringen mit dem Borkenkäfer. „Die vor langer Zeit im trockengelegten Bruch gepflanzten Fichten stehen wegen des nassen Bodens sehr instabil. Immer wieder werden Stämme auch vom Borkenkäfer befallen und müssen dann aufwändig aus der Fläche geholt werden. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um die Bäume planmäßig zu ernten und eine Renaturierung einzuleiten“, begründet Kai Conrad die notwendigen Forstarbeiten. Der Förster für Waldökologie und Naturschutz ist froh über den Einsatz eines Seilkranes, der die Bäume einschließlich der Kronen aus der Flächen bergen kann. „Die Fichten werden an einer Seilbahn aus dem Heidelbeerbruch gezogen. Der empfindliche Moorboden wird dabei nicht mit Maschinen befahren“, schildert Förster Conrad die bewährte und schonende aber auch teure Technik. Anschließend werde das Holz über den Prinzenweg an die Silberborner Straße transportiert. Dort lagere es zwischen bis es zeitnah abgefahren werde, ergänzt Naturschutzförster Conrad.
„Der Prinzenweg wird während der rund fünf Wochen dauernden Baum-Fällungen und -Abtransporte stark beansprucht und ist für Fußgänger und Radfahrer aktuell nicht benutzbar. Wir bitten Waldbesucher dafür um Verständnis. Nach Beendigung der Maßnahmen richten wir den Weg wieder her“, versichert Förster Tim Kröckel, der die Försterei Sievershausen leitet.
Hintergrund:
Das Heidelbeerbruch war mit ca. 40 Hektar einst das größte Moor im heutigen Forstamt Dassel. Das Moor ist durch ein künstlich angelegtes Grabensystem und nachfolgende Fichtenaufforstung aber stark beeinträchtigt worden. Dabei ist dies kein statischer Zustand, sondern das Moor schwindet ohne Wiedervernässung fortlaufend – die Torfauflage zersetzt sich mit mehreren Dezimetern pro Jahrzehnt in raschem Tempo und setzt dabei große Mengen an Kohlendioxid frei. Damit gehen nicht nur wertvolle Biotope und Lebensräume für Arten verloren, sondern auch der Klimawandel wird gefördert.
Das Bruch ist ein wichtiger Baustein in der Gesamtstrategie zum Schutz der Moore im Solling. Ursprünglich hatte das Mittelgebirge eine Moorfläche von über 1.000 Hektar, verteilt auf etwa 30 Moore, die in früheren Jahrhunderten fast alle entwässert wurden. Die Forstämter Dassel und Neuhaus arbeiten nun seit 15 Jahren systematisch daran, die wertvollsten Flächen zu renaturieren und haben dafür unter Nutzung von Förderprogrammen rund drei Millionen Euro investiert. 40% der potenziellen Renaturierungsfläche wurden damit bereits in Stand gesetzt. Das im Solling erstmals in Deutschland angewandte Renaturierungsverfahren der „Zuger Methode“ hat sich bewährt und ist mittlerweile eine Standardlösung für ähnliche Flächen in ganz Deutschland.
Die Niedersächsischen Landesforsten verfolgen mit der Renaturierung der Solling-Moore fünf Ziele:
- Klimaschutz durch Minderung von Kohlendioxid-Emissionen
- Hochwasserschutz: Zurückhalten von Hochwasserspitzen, da das intakte Moor wie ein Schwamm wirkt
- Grundwasserbildung und Trinkwasserschutz: Verstetigter Wasserabfluss von sauberem Wasser aus einem intakten Moor hat positive Auswirkungen auf Grundwasserbildung und damit langfristig Trinkwassersicherung
- Verbesserung der Biodiversität: Moore sind sehr seltene und wertvolle Lebensräume und ein intakter Gebietswasserhaushalt kommt auch Bächen und Quellen zugute
- Tourismus und Erholung: Naturnahe Moore ergeben schöne Landschaftsbilder und werden gerne von Besuchern aufgesucht
Fotokollektion zum Download:
https://nlf.pixxio.media/share/1710861205eHGgt35qHjGlCf
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