LÖWE - Langfristige Ökologische Waldentwicklung
Warum LÖWE?
Das Programm zur »Langfristigen Ökologischen Waldentwicklung« – kurz LÖWE gilt seit nunmehr 25 Jahren in den Wäldern der Niedersächsischen Landesforsten: Es wurde im Jahr 1991 als Regierungsprogramm der damaligen niedersächsischen Landesregierung für den Landeswald eingeführt und ist seitdem die verbindliche Leitlinie für die nachhaltige und naturnahe Bewirtschaftung der rund 330 000 Hektar Landeswald. Bundesweit war Niedersachsen mit dem LÖWE-Programm Vorreiter, dem viele Bundesländer mit ähnlichen Ansätzen eines Waldbaues auf ökologischer Grundlage für ihre Landes- und Staatswaldflächen folgten.
Mit Gründung der Niedersächsischen Landesforsten als Anstalt öffentlichen Rechts wurde LÖWE per Satzung vom 6. Juni 2005 als »Unternehmensphilosophie« unverändert übernommen.
LÖWE war und ist notwendig, um stabile Wälder zu entwickeln und in Zukunft zu erhalten, nur so lassen sich die hohen gesellschaftlichen Anforderungen an die Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion im Landeswald miteinander verbinden. LÖWE ist die Basis der Landesforsten, um den Landeswald zum Wohle der Allgemeinheit zu bewirtschaften.
Schwierige Ausgangssituation
Die Mehrzahl der niedersächsischen Wälder wäre von Natur aus mit Laubbäumen, vor allem mit Buche, bestockt. Bei Einführung des LÖWE-Programms standen auf knapp zwei Drittel der Landeswaldfläche aber Nadelbaumarten wie Fichte und Kiefer. Ihr großer Flächenanteil hat verschiedene Gründe:
- Im 19. Jahrhundert herrschten in Niedersachsen vielfach kahle Heiden und übernutzte Wälder vor. Der menschliche Raubbau durch Salinenwirtschaft, Bergbau und Landwirtschaft hatte die Böden ausgelaugt, so dass bei der Wiederaufforstung nur die anspruchslose Kiefer im Flachland und die frostsichere Fichte im Bergland eingesetzt werden konnten.
Während und infolge des 2. Weltkrieges wurden riesige Flächen in Niedersachsen kahl geschlagen.
- Die Holzmengen dienten der Kriegswirtschaft, dem Wiederaufbau, als Gruben- und Brennholz sowie der Reparation. In den Nachkriegsjahren folgte die Wiederbewaldung vor allem mit Fichte und Kiefer als gefragtem Bauholz.
- Die verheerende Sturmkatastrophe »Quimburga« 1972 und die großen Waldbrände 1975 und 1976 brachten erneut große Kahlflächen, die wiederum vorwiegend mit den schneller wachsenden Nadelhölzern aufgeforstet wurden.
LÖWE bringt die Wende
Die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Waldökosystemforschung in den 1980er-Jahren, die sich verändernden gesellschaftlichen Ansprüche an den Wald und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Forstbetriebe bestimmten das Umfeld, in dem der damalige niedersächsische Waldbaureferent Prof. Dr. Hans-Jürgen Otto die langfristige ökologische Wald entwicklung für Niedersachsen in 13 Grundsätzen entwickelte.
Das LÖWE-Programm wurde 1991 unter Ministerpräsident Gerhard Schröder verbindlich für den Landeswald eingeführt.
LÖWE bringt die Wende zu einer stärkeren Baumartenvielfalt auf Basis der natürlichen Waldgesellschaften. Die Wälder sollen stabiler, wirtschaftlicher, ästhetischer und naturnäher werden. Als Leitbild dienen ungleichaltrige, strukturreiche Wälder aus standortgemäßen Baumarten, die sich natürlich verjüngen.
LÖWE steht für eine nachhaltige und naturnahe Waldwirtschaft auf ökologischer Grundlage.
Langfristige Steuerung mit 13 Grundsätzen
Im Folgenden werden die 13 Grundsätze einzeln aufgeführt und erläutert. Für jeden Grundsatz werden die Veränderungen nach 25 Jahren dargestellt. Die sichtbaren Ergebnisse können Sie täglich in den wunderschönen Landeswäldern selbst erleben.
Die Waldböden bilden die Grundlage für gesunde, vielfältige und leistungsstarke Wälder.
Ein Hauptaugenmerk der naturnahen Waldwirtschaft nach LÖWE liegt auf dem Erhalt der Bodenfruchtbarkeit. Die natürliche Leistungskraft ist zu pflegen und zu erhalten.
Der Boden ist ein komplexes Gefüge, dabei ist er nie statisch, sondern immer ein dynamischer Standortfaktor. Waldböden verändern sich mit ihrer Waldbestockung, den Einträgen aus der Luft, den Klimaveränderungen und der Art und Weise ihrer Behandlung.
Für uns, die Niedersächsischen Landesforsten, hat der Bodenschutz eine große Bedeutung. Dies hat verschiedene Folgen für die Entscheidungen im Landeswald. Wir setzen heute ausschließlich auf standortgemäße Baumarten, die sich in möglichst naturnahen Waldgesellschaften entwickeln sollen. Gleichzeitig verzichten wir weitgehend auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Der notwendige Einsatz moderner Forsttechnik findet auf einem dauerhaften Walderschließungssystem statt.
Reinbestände sind auf von Natur aus seltene, extreme Standorte zu beschränken
Mischwälder setzen sich aus verschiedenen Baumarten in unterschiedlichen Anteilen zusammen. Sie sind durch die Mischung artenreicher, bieten oft eine größere Strukturvielfalt und sind insgesamt stabiler und widerstandsfähiger gegenüber äußeren Einflüssen wie zum Beispiel Stürmen. Zu Beginn des LÖWE-Programms vor 25 Jahren war der niedersächsische Landeswald noch geprägt von reinen Nadelwäldern aus jüngeren Fichten und Kiefern, die sich vielerorts als anfällig gegen extreme Witterungsereignisse erwiesen haben.
»In den Landesforsten sind zur Erhöhung und zum Schutz der Artenvielfalt in größtmöglichem Umfang Mischwälder zu erziehen. In Anpassung an die jeweiligen ökologischen Verhältnisse genießt die Vermehrung von Laubmischwald Vorrang. Reinbestände sind auf von Natur aus seltene, extreme Standorte zu beschränken«, formulierte seinerzeit Prof. Dr. Otto das LÖWE-Ziel.
In 25 Jahren LÖWE konnte der Anteil der Laubbaumarten kontinuierlich von knapp 40 % auf aktuell etwas über 44 % der bestandesbildenden Baumarten erhöht werden.
Die Waldökosysteme sollen in ihrer Leistungsfähigkeit, Stabilität und Elastizität nicht beeinträchtigt werden
Das Baumartenspektrum der potenziell natürlichen Vegetation wird mit dem LÖWE-Programm großräumig gefördert. LÖWE setzt somit seinen Schwerpunkt auf die heimischen Baumarten. Allerdings ist eine behutsame Anreicherung mit weiteren Arten möglich, wenn sie ökologisch zuträglich sind. Die Landesforsten verwenden nur fremdländische Baumarten, die in langjährigen Anbauversuchen bewiesen haben, dass sie die heimischen Waldökosysteme in ihrer Leistungsfähigkeit, Stabilität und Elastizität nicht beeinträchtigen. Der verantwortungsbewusste Umgang der Landesforsten führte in den 25 LÖWE-Jahren zu einem Flächenzuwachs von insgesamt 3 500 Hektar.
Douglasie, Japanlärche, Küstentanne und Roteiche haben ihre ökologische Zuträglichkeit bewiesen. Sie bereichern daher im Landeswald das heimische Baumartenspektrum und werden stets in Mischung vor allem mit Buche, Fichte und Kiefer eingesetzt. Sie ergänzen die heimischen Baumarten gerade auf Standorten, die aufgrund des Klimawandels in Zukunft längere Trockenphasen durchlaufen werden.
Die Wälder sollen bevorzugt aus natürlicher Ansamung verjüngt werden
Die natürliche Waldverjüngung aus der Ansamung der alten Bäume ist überall dort erste Wahl, wo die Wälder der Landesforsten bereits nach Standort, Qualität und Mischung dem LÖWE-Leitbild eines naturnahen, stabilen und strukturierten Mischwaldes entsprechen.
Die Bevorzugung der natürlichen Waldverjüngung unter dem Schirm der vorhandenen Altbäume hat viele Vorteile, wie das höhere Anpassungspotenzial der jungen Pflanzen, die Vermeidung von Nährstoffverlusten auf der Fläche sowie geringere Gefahren durch Spätfrost oder Mäusefraß. Darüber hinaus sind junge Baumbestände aus natürlicher Verjüngung häufig qualitativ besser und vitaler. Außerdem fördern längere Verjüngungsphasen in den alten Wäldern die Strukturvielfalt. Neben diesen positiven Aspekten aus ökologischer Sicht, ist der Einsatz der natürlichen Waldverjüngung auch ökonomisch von Vorteil, da geringere Pflanzenzahlen eingekauft werden müssen und die Vorbereitungsarbeiten, das Pflanzen und die mehrere Jahre andauernde Kulturpflege entfallen.
Naturverjüngung setzt allerdings voraus, dass die Altbestände, aus denen die Samen stammen, standortgemäß sind. Zudem muss bereits eine ausreichende Anzahl von Mischbaumarten vorhanden sein. Wo dies nicht der Fall ist, sind Pflanzungen oder Saaten mit herkunftsgesichertem Vermehrungsgut notwendig. Auf die Herkunftssicherheit legen die Niedersächsischen Landesforsten großen Wert und investieren erhebliche Mittel, um ausreichend ausgewähltes sowie geprüftes Saatgut bereitzustellen.
Die Stabilität des Waldes soll durch vertikal gegliederte Waldstrukturen erhöht werden
Das Waldgefüge wird durch die Verteilung der Bäume, ihre Abstände zueinander, ihre unterschiedlichen Altersphasen, Höhen, Dimensionen, Arten und die Durchmischung beschrieben.
Stabiler Wald durch behutsame Pflege
Das Waldgefüge wird entscheidend über die Art der Waldverjüngung, die Auswahl der Baumarten sowie die Bewirtschaftung geprägt. LÖWE-Ziel ist es, das Waldgefüge durch Pflege und Ernte zu verbessern. Es entstehen stabile standortgemäße Mischwälder, die sich durch eine differenzierte Pflege zu horizontal und vertikal strukturierten Wäldern entwickeln.
Zusammenspiel von Ernte, Verjüngung und Pflege
Die Verbesserung des Waldgefüges durch das Zusammenspiel von Ernte, Verjüngung und Pflege zeigt sich für den Landeswald im kontinuierlichen Flächenanstieg der unterschiedlichen Bestandesschichten (vertikales Waldgefüge). Mit LÖWE wurden in vielen Wäldern mehrere Bestandesschichten herausgearbeitet. So sind die Flächenanteile des Unterstandes von 74 573 Hektar auf 110 200 Hektar angestiegen.
Bäume sollen einzelstamm- oder gruppenweise zum Zeitpunkt der Hiebsreife genutzt werden
Mit LÖWE findet die Holzernte nicht mehr nach definierten Produktionszeiträumen statt, sondern das Erreichen der Zielstärke (Zieldurchmesser) des Einzelbaumes rückt in den Mittelpunkt forstlichen Handelns. Die Zielstärke ist das Herzstück von LÖWE, denn mit dem Blick für den Einzelbaum oder die Baumgruppe bei der Holzernte entstehen lange Nutzungs- und Verjüngungszeiträume – die Wälder werden älter und strukturreicher.
Prof. Dr. Otto formulierte vor 25 Jahren:
»Der niedersächsische Wald soll alt werden und soweit möglich einzelstamm- oder gruppenweise zum Zeitpunkt der Hiebsreife genutzt werden«.
Abkehr vom Kahlschlag
Die Einführung der Zielstärkennutzung bedeutet gleichzeitig die Abkehr von der »Kahlschlagswirtschaft«, das flächige Ernten und anschließende künstliche Verjüngen wurde abgelöst. Infolge der Zielstärkennutzung erhöhen sich die Vorräte, Waldstrukturen verbessern sich und die natürliche Verjüngung wird gefördert. Es entstehen dauerwaldartige Strukturen.
Alte und starke Bäume sollen einzeln, in Gruppen oder Kleinflächen erhalten werden
Die biologische Vielfalt ist Grundlage für die Stabilität und Anpassungsfähigkeit der Wälder. Sie ist auch Voraussetzung für deren Leistungsfähigkeit und nachhaltige Produktivität. Sie umfasst die Vielfalt an Lebensräumen, die Artenvielfalt und die genetische Vielfalt.
Auf der gesamten Waldfläche der Landesforsten kommen viele seltene oder bedrohte Pflanzen- und Tierarten vor. Ihr Schutz und der Erhalt alter Bäume haben mit LÖWE in den vergangenen 25 Jahren stark an Bedeutung gewonnen, in der naturnahen Waldwirtschaft sind sie integraler Bestandteil. Zudem werden seltene heimische Baumarten gezielt nach-gezogen und ihr genetisches Potenzial gesichert.
Alte Bäume sind Lebensraum
Besonders alte Bäume sind für den Erhalt und die Förderung der Biodiversität im Wald wichtig. Unsere heimischen Baumarten können natürlich mehrere hundert Jahre alt werden, im sehr hohen Alter setzen leider auch Holzentwertungsprozesse wie Verfärbung und Fäule ein. Daher werden die Bäume im bewirtschafteten Wald deutlich vor ihrer natürlichen Altersgrenze geerntet.
Aber gerade die Alters- und Zerfallsphase ist aus ökologischer Sicht besonders wertvoll, hier haben die Baumveteranen eine Vielzahl von kleinen und großen Bewohnern. Mit dem beginnenden Zerfall siedeln sich unzählige auf Totholz spezialisierte Arten an. Um diesen für die biologische Vielfalt bedeutenden Lebensraum und dessen Strukturen zu erhalten, wird im Landeswald ein Habitatbaumkonzept umgesetzt.
Neben dem flächigen Schutz sollen einzelne besondere Habitatbäume in alten Wäldern mit beginnender Zielstärkennutzung dauerhaft erhalten werden. Habitatbäume werden möglichst in Gruppen und Kleinflächen ausgewählt und dauerhaft markiert.
Waldflächen für typische und seltene Waldgesellschaften sollen gesichert werden
Die vielen Naturschätze, die Niedersachsens Landeswälder zu bieten haben, sollen nicht verloren gehen. Aus diesem Grund setzt LÖWE auf eine repräsentative Auswahl von Waldflächen, die typische und seltene Waldgesellschaften repräsentieren. Sie sind in angemessenem Umfang zu sichern und die Waldflächen sollen gar nicht oder nur mit besonderen Auflagen bewirtschaftet werden. Ein Netz von Waldschutzgebieten mit 6 verschiedenen Kategorien wurde seit 1991 im Landeswald in Selbstbindung der Landesforsten angelegt.
Darüber hinaus gibt es die gesetzlichen Schutzgebiete nach Bundes- und Landesnaturschutzgesetz.
81 Prozent mit Schutzfunktion
Seit 1991 ist im Landeswald die Fläche der auf gesetzlicher Grundlage beziehungsweise in Eigenbindung ausgewiesener Schutzgebiete kontinuierlich angestiegen: Mit einer Fläche von 272 000 Hektar unterliegen heute etwa 81 % der Landesforsten mindestens einem Schutzgebietsstatus. Die größten Flächenanteile nehmen Landschaftsschutz- und NATURA 2000-Gebiete ein. Nach nationalem Recht sind etwa 260 000 Hektar geschützt, nach EU-Recht rund 82 000 Hektar.
Ein besonderes Schutzgebiet der Landesforsten ist der Nationalpark Harz mit 15 652 Hektar Landeswaldfläche. In Eigenregie haben die Landesforsten
80 000 Hektar als LÖWE-Waldschutzgebiete ausgewiesen. Viele Waldflächen sind mehrfach mit Schutzfunktionen belegt.
Schutzfunktionen dürfen durch die Erholungsfunktion nicht gefährdet werden
Die Wälder Niedersachsens und insbesondere der Niedersächsische Landeswald erfüllen verschiedene Funktionen. Klassisch fasst das Waldgesetz sie unter dem Dreiklang Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion zusammen, dahinter verbirgt sich ein breites Leistungsspektrum unserer Wälder.
Das LÖWE-Programm trägt diesen Leistungen im besonderen Maße Rechnung: »Soweit einzelne Waldfunktionen wie Wasser-, Boden-, Klima-, Sicht-, Immissions-, Lärm- und Biotopschutz sowie die Erholungsfunktion des Waldes mit der Entwicklung eines ökologischen Waldbaus nicht ohnehin in ausreichendem Maße gewährleistet werden können, ist die jeweilige, örtlich herausgehobene Funktion besonders zu entwickeln.«
Schutzfunktionen haben Vorrang
Alle Waldfunktionen werden grundsätzlich durch den ökologischen Waldbau nach LÖWE gleichrangig gewährleistet. Sollte dies aber aufgrund besonderer standörtlicher Gegebenheiten oder besonderer gesellschaftlicher Anforderungen an eine bestimmte Waldfunktion nicht der Fall sein, wird dieser Wald entsprechend entwickelt und bewirtschaftet.
Waldränder sind besonders zu pflegen
Waldränder als Übergangszonen zwischen dem Wald und der offenen Landschaft oder anderen waldfreien Biotopen haben eine wichtige Bedeutung. Mit ihrem besonderen Mikroklima bieten sie vielen Pflanzen-
und Tierarten einen wichtigen Lebensraum. Die oft linienhafte Ausformung hat eine bedeutende Funktion für den Biotopverbund. Gleichzeitig dienen sie als Nahtstelle im Übergang dem Schutz des Waldes. Intakte Waldränder bieten den dahinter liegenden Waldflächen einen hervorragenden Windschutz.
Die niedersächsischen Landeswälder grenzen auf einer Länge von rund 7 700 km an andere Landnutzungsformen an, davon sind rund 6 200 km Waldaußenränder. Die auf rund 1 400 km vorkommenden Waldinnenränder sind meist dort vorzufinden, wo Wald an Grünland (zum Beispiel Wildwiesen) oder an Gewässer, Moore und sonstige extensiv genutzte Flächen angrenzt. Zählt man die Waldränder aller Lkw-befahrbaren Waldwege hinzu, so steigt die Länge der Waldinnenränder auf über 15 000 km.
Der Pflanzenschutzmittel-Einsatz ist auf ein Minimum zurückgegangen
Der biologische Waldschutz genießt im LÖWE-Wald Vorrang vor technischen Maßnahmen. Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist nur unter sehr strengen Kriterien möglich. Dazu zählen Situationen, die zur Abwehr von existenziellen Gefahren notwendig sind. Der Anwendung gehen immer eine sorgfältige Prüfung der Alternativen und eine Risikoabschätzung voraus.
Pflanzenschutzmittel-Einsatz wird minimiert
Der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ist in den vergangenen 25 Jahren stark zurückgegangen. Dies ist vor allem ein Erfolg von LÖWE selbst. Der naturnahe Waldbau mit Zielstärkennutzung und der Verjüngung unter Schirm hat dazu geführt, dass große Umbrüche in den Wäldern der Landesforsten vermieden werden. Ebenso sind die strukturierten Laub- und Nadelmischwälder viel stabiler und weniger anfällig gegenüber Schadorganismen.
Darüber hinaus hat sich der Waldschutz auch technisch verbessert: Es wurden zahlreiche neue biologische Verfahren und Methoden entwickelt. Außerdem ist ein modernes Waldschutzmeldeportal bei der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt etabliert worden. Aus den vielen Informationen und Daten werden verlässliche Prognosen für den Forstbetrieb erstellt, so dass die Försterinnen und Förster frühzeitig mögliche Gefahren erkennen und diesen mit angemessenen Maßnahmen begegnen können.
Der ökologische Waldbau darf durch überhöhte Wildpopulationen nicht gefährdet werden
Überhöhte Wilddichten verhindern die natürliche, arten- und stammzahlreiche Verjüngung der Wälder, denn vor allem Rot-, Reh- und Damwild fressen gern die Triebe und Knospen junger Bäume. Gleichzeitig werden seltene Baumarten besonders gern verbissen und herausselektiert. Diese Baumarten fehlen dann für die Entwicklung artenreicher Mischwälder.
Neben dem Verbiss sind starke Schälschäden gravierend für den Wald. Das Abschälen der Baumrinde durch Rot- und Damwild öffnet am Stamm große Eintrittspforten für holzzersetzende Pilze, die das Holz entwerten. Die Bäume werden dauerhaft geschädigt und sehr instabil, so dass besonders Laubbäume vorzeitig abbrechen und absterben.
Ohne Jagd funktioniert es nicht
Sind die Wilddichten stark überhöht, vergreisen unsere Wälder, da keine natürliche Verjüngung nachwachsen kann. Als einschichtige Wälder sind sie vom strukturierten LÖWE-Wald weit entfernt. Außerdem gefährden überhöhte Wildpopulationen die Investitionen in den Baumartenwechsel. Die hohen Schalenwildpopulationen können also zu einem begrenzenden Faktor für einen stabilen Wald werden.
Ökosystemverträgliche Wilddichten sind somit eine zwingende Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung aller anderen waldbaulichen Grundsätze des LÖWE-Programms. Nur so können sich strukturierte und artenreiche Laub- und Nadelmischwälder langfristig entwickeln und erhalten. Die gezielte Bejagung ist der Schlüssel für angepasste Wildpopulationen in den Wäldern der Landesforsten. Das Wild gehört als Teil der Lebensgemeinschaft ohne Zweifel in den Landeswald, aber das Wild darf die Erreichung der LÖWE-Ziele nicht verhindern.
Die Forsttechnik hat sich an den ökologischen Erfordernissen auszurichten
Die Forsttechnik ist auch in der naturnahen Waldwirtschaft unverzichtbar. Die Anforderungen für ihren Einsatz sind mit dem LÖWE-Programm klar definiert: Die Forsttechnik hat sich an den ökologischen Erfordernissen auszurichten. Es sind dabei Verfahren anzuwenden, die die Waldböden und die Waldbestände in ihrer Struktur und Artenvielfalt schonen.
Technischer Fortschritt
In den letzten beiden Jahrzehnten hat sich die Forsttechnik rasant entwickelt. Die sich daraus ergebenden Chancen und Möglichkeiten haben die Landesforsten strategisch und schrittweise genutzt, um die im LÖWE verankerten waldbaulichen Ziele auch unter ökonomischen Aspekten, bei gleichzeitiger Schonung der Böden und Waldbestände zu erreichen und die Arbeitssicherheit zu steigern.
Die moderne Forsttechnik, gesteuert von unseren qualifizierten Mitarbeitern und Unternehmern, sorgt mit der Pflanzung, der Pflege und der Holzernte dafür, dass der Landeswald sich in die vom LÖWE-Programm vorgegebene Richtung entwickelt. Darüber hinaus hat die Forsttechnik einen wesentlichen Beitrag zum Arbeits- und Gesundheitsschutz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geleistet. Die schweren Arbeitsunfälle in der Holzernte sind mit dem steigenden Anteil der Forsttechnik in den vergangenen 20 Jahren deutlich gesunken.