Wenn Wald auf Geschichte trifft

 In Forstamt Neuenburg, Regionale Presseregion West

Archäologische Ausgrabung am Schooer Wald

 (Schoo/Neuenburg) Ein Stück Grünland im Norden des Schooer Waldes. Drei breite, braune Streifen ohne Bewuchs ziehen sich fast über die gesamte Fläche. Zwei Menschen hocken mit Schaufel und Kelle auf der Erde. Grabungstechniker Matthias Oetken und seine Kollegin Ines Reese sind auf der Suche nach Spuren früherer menschlicher Siedlungen. Dafür graben sie auf einer Ausgleichsfläche im Forstamt Neuenburg der Niedersächsischen Landesforsten.

Umweltverträglichkeitsprüfung mit archäologischer Sondierung

„Wir wollen dieses intensiv genutzte Grünland im Rahmen einer Kompensationsmaßnahme bepflanzen. Jede Erstaufforstung über zwei Hektar unterliegt einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Der Fokus bei der Prüfung liegt dabei häufig auf den Themen Naturschutz und Landschaftspflege sowie Raumordnung. Hier am Schooer Wald kommt eine weitere Prüfung dazu. Mit dem Wissen um das frühere Kloster Schoo ist dieses Gebiet im Blick der archäologischen Denkmalpflege. Deshalb geht hier auch eine archäologische Voruntersuchung der Realisierung voraus“, erklärt Jann Mumme, Förster für Naturdienstleistungen im Forstamt Neuenburg.

In Fachkreisen wird diese Voruntersuchung „Prospektion“ genannt. „Wegen der Lage der alten Kloster- und Domänenstätte sind die Flächen hier von großem Interesse für die Archäologie. Wir wollen verstehen, wie die Menschen früher gelebt und die Landschaft genutzt haben. Die Wahrscheinlichkeit, hier fündig zu werden, ist groß“, schildert Matthias Oetken, Grabungsleiter bei der Ostfriesischen Landschaft.

Topographische Lage lässt frühe Siedlung vermuten

Acht sogenannte Suchschnitte haben die Grabungstechniker bereits 2024 gleichmäßig auf der Fläche verteilt einem Bagger freigelegt. Und tatsächlich: Es zeigen sich auffällige Verfärbungen im Boden. „Die Fläche lag strategisch gut. Nach Westen bildete das Reihertief vor dem Deichbau einen natürlichen Zugang zur Nordsee und lieferte Seefisch. Nach Osten hin begrenzte eine Pingoruine das höherliegende Gelände und lieferte Trinkwasser. Ein perfekter Ort für eine Siedlung, zudem gut zu verteidigen“, beschreibt Oetken.

Das zeigt sich auch in der Hauptuntersuchung 2025, die sich auf die Stellen mit der höchsten Befunddichte konzentriert. „Wir haben deutliche Pfostenstandspuren in unterschiedlichen Fluchten gefunden, wobei uns die gleichmäßige Befundverteilung über die gesamte Fläche überrascht hat. Ungewöhnlich ist auch die recht hohe Anzahl an größeren Keramikfunden in den Pfostengruben“, so der Grabungstechniker weiter und datiert die Funde auf die Eisenzeit zwischen 800 v. Chr. und Christi Geburt.

Keramikscherben und mehr deuten auf die Eisenzeit

Und das, obwohl nur am vermeintlichen Rand der wahrscheinlichen Siedlung prospektiert wird. „Hier steckt tatsächlich mehr im Boden, als wir anfangs vermuteten“, freut sich Oetken. Der Grabungstechniker und seine Kollegin Ines Reese dokumentieren die Befunde gründlich. Sie werden im Profil vermessen, fotografiert und gezeichnet. Keramikscherben nehmen die Fachleute zur weiteren Untersuchung mit ins Archäologische Institut in Aurich. Die Erforschung zerstört zwangsläufig die historischen Spuren, aber damit sind die Befunde dokumentiert und für die Nachwelt erhalten. Danach kann die Fläche uneingeschränkt genutzt werden.

Das Forstamt Neuenburg forstet geeignete Ackerflächen und Intensiv-Grünländer auf, wo es ökologisch sinnvoll ist und es in die Landschaft passt. „Ostfriesland ist durch offene Landschaften geprägt. Aber auch kleine Feldgehölze und zum Teil sogar größere Waldungen gehörten hier schon immer dazu. Wir sorgen dafür, dass dies so bleibt. Nötige Eingriffe in Wälder, zum Beispiel für kommunale Baugebiete oder im Rahmen der Infrastruktur für Projekte der Energiewende, können auch lokal ausgeglichen werden“ erläutert Jann Mumme.

Waldwiese Walsrand und Eichenwald

Diese Kompensationsflächen bietet das Forstamt Bauträgern als Dienstleistung an, die mit ihren Vorhaben in Natur und Landschaft eingreifen. „Wir wollen auf diesem Stück Grünland einen Eichenmischwald pflanzen. Auf einer Teilfläche entsteht eine Waldwiese. Unter ihr vermuten wir weitere archäologische Befunde, die zu einem späteren Zeitpunkt erforscht werden können. Die Waldinnen- und -außenränder gestalten wir mit heimischem Wildobst und Blüh-Sträuchern wie Holunder, Weißdorn und Hasel“, veranschaulicht Förster Mumme.

In diesen Tagen kommen die Ausgrabungen zu ihrem Abschluss. Mumme und Oetken freuen sich über die sehr gute Zusammenarbeit zwischen Ostfriesischer Landschaft und Niedersächsischen Landesforsten in diesem Projekt. Matthias Oetken lässt nun die Untersuchungsflächen wieder zuschütten. Nach der Freigabe durch den Landkreis kann gepflanzt und vielleicht in einigen Jahren auf einer lauschigen Waldwiese weitergegraben werden.

 

Hintergrund

Der Schooer Wald

Der Schooer Wald, der zur Försterei Meerhusen gehört, wird schon seit Jahrhunderten von Menschen besiedelt. Im 13. Jahrhundert errichten Prämonstratenser ein Kloster – Sconamora -, das bald vom Kloster Marienkamp bei Esens übernommen und zu einem landwirtschaftlichen Vorwerk ausgebaut wird. Später, im Zuge der Säkularisierung im 16. Jahrhundert, baut der Graf von Ostfriesland das Vorwerk zu einer Domäne aus.

Im Schooer Wald selbst fand sich lange eine letzte, alte Eiche – die Dicke Eiche -, die einen Hinweis auf die frühere Hutewaldnutzung gab. Außerdem finden sich Reste von Fischteichen und eines Grabensystems aus der klösterlichen Zeit im Wald.

Archäologische Denkmalpflege

Liegen Flächen im Bereich archäologischer Suchradien, müssen Eigentümer eine entsprechende Voruntersuchung zulassen. Werden die Fachleute fündig, so ergeben sich zwei Möglichkeiten: Entweder dokumentieren die Archäologen die Befunde, dann ist eine anschließende Flächennutzung uneingeschränkt möglich. Oder, die Befunde verbleiben im Boden. Dann ist eine beliebige Nutzung der Fläche nicht möglich.

 

Bilder (Landesforsten/Schmidt (P1004061, P1004060,  P1004050, P1004048, P1004091) und Ostfriesische Landschaft/Oetken) zum kostenlosen Download finden Sie hier.

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