Scheuer Harzwald-Bewohner reist in die spanischen Pyrenäen

 In Forstamt Riefensbeek, Regionale Presseregion Süd

Landesforsten verringern Wohnungsnot, leisten Bruthilfe und verfolgen Auswanderer

(Osterode-Riefensbeek) Die Wohnungsnot bleibt angespannt: Schwarzstörche bewohnen immer häufiger von Menschen gebaute Kunsthorste. Deutschlands größter Waldvogel legt Naturhorste in alten und teilweise morschen Bäumen an. Die brechen irgendwann unter der Last der Jahrzehnte alten Nester zusammen und gefährden die Brut. Die Niedersächsischen Landesforsten sorgen für Ersatznester in solider Bauweise auf standfesten Altbäumen.

Ein solcher Kunsthorst im Forstamt Riefensbeek (Landkreis Göttingen) war Schauplatz und Ausgangspunkt einer ungewöhnlichen Geschichte der schwarzgefiederten Waldstörche aus dem Harz. Die mit Horst-Kamera fotografierte und anhand des Bein-Ringes dokumentierte Vogelreise begann im Frühjahr 2025. Ein Storchenpaar zog dort im Sösetal von April bis August fünf Jungvögel groß. Ein Jungtier flog über 1.300 Kilometer bis in die spanischen Pyrenäen. Anfang August wurde der Vogel anhand seiner Ringnummer wiedererkannt. „Zur gleichen Zeit ließen sich zwei Geschwister weiterhin von den Eltern auf dem Kunsthorst füttern“, berichtet Johannes Thiery. Der Förster ist Schwarzstorch-Beauftragter der Landesforsten für Südniedersachsen. Er beobachtet seit vielen Jahre den seltenen und scheuen Waldvogel und kennt fast alle Brutstätten zwischen Harz, Weser und Sollling. Doch fünf Jungstörche in einem Horst sind dem Vogelkundler noch nie begegnet. Seine Kollegin, Försterin Marlies Büttner, hatte ihm die Beobachtung gemeldet. Die Revierleiterin entdeckte am 10. Mai die kleine Sensation: Seit 40 Jahren siedeln wieder Schwarzstörche im Harz aber ein so großes Gelege war bisher nicht bekannt.

Kamera am Horst ermöglicht rund um die Uhr Überwachung

Ein Jahr zuvor war der lange Zeit bewohnte Horst im Sösetal mit zwei Eiern während der Brutsaison abgestürzt. Johannes Thiery und die beiden Schwarzstorch-Experten Joachim Neumann und Arne Torkler entschieden sich für einen Neubau in beliebter Wohnlage. Sie errichteten im Winter insgesamt zwei neue Kunsthorste für den Schwarzstorch in den Südharzer Laubwäldern. Seit vielen Jahren arbeiten die Niedersächsischen Landesforsten erfolgreich mit den beiden Artenschützern und Baumkletterern zusammen. Eine Kamera mit Bildübertragung am neuen Kunsthorst gewährleistet seit dem eine störungsfreie Kontrolle der brütenden Schwarzstörche. Durch solche Kameras konnte das Team um Arne Torkler und Joachim Neumann in den letzten Jahren wichtige Erkenntnisse zum Schutz des Schwarzstorches gewinnen.

Ende März kam das Schwarzstorchpärchen aus dem südlichen Überwinterungsquartier pünktlich am neuen Horst an und begann zügig mit den Brutvorbereitungen. Der Kunsthorst wurde hier und da ausgebaut und mit Moos gepolstert und Anfang April lagen die ersten Eier im Nest.

Die Horstkamera verriet den optimalen Zeitpunkt für eine Beringung der Jungvögel. Mit etwa vier Wochen waren die Jungvögel groß genug, um die lebenslange Markierung zu tragen. In dieser Altersphase sind die Gliedmaßen ausreichend ausgebildet und die Jungvögel verharren während der Beringung regungslos im Nest. Am 11. Juni konnte Joachim Neumann fünf gesunde Jungvögel beringen. Laut Kamera starteten die ersten Flugversuche am 18. Juli. Bald darauf verließen zwei Jungvögel den Horst und traten sogleich ihre abenteuerliche Reise an. Schon zwei Tage später sichtete ein Ornithologe einen der Jungvogel am Rhein bei Den Haag.

Vom Harz über Den Haag bis in die Bretagne

Durch die große Beschriftung an den sogenannten „Ableseringen“ können Störche auf über 100 Meter Entfernung identifiziert werden. Zwei Wochen später wurde dieser Jungvogel schließlich in der westlichen Bretagne, stark erschöpft und abgemagert gefunden. Auch eine Infusion eines Tierarztes konnte ihn nicht mehr retten. Sein Geschwister hatte in der selben Zeit eine noch längere Reise absolviert. Am 30. Juli wurde er an einem 2.500 Meter hohen Bergsee in den französischen Pyrenäen gesichtet. Vier Tage später beobachteten spanische Ornithologen ihn dann an den südlichen Pyrenäen in Spanien bei der Futtersuche.

Marlies Büttner und Johannes Thiery warten derweil gespannt auf neue Beobachtungen ihrer Auswanderer vom Sösetal. Die beiden Forstleute ziehen insgesamt eine positive Bilanz der diesjährigen Schwarzstorch-Bruten in den Landesforsten. Das Ergebnis einer 14 jährigen Auswertungsreihe zeige, dass trotz einiger schwacher Jahre der Schwarzstorch-Bestand sowohl im Harz als auch im Vorharz als stabil gelte, so Thiery. „Nach nur 13 Jungvögeln im Jahr 2024 lag der Wert mit 24 im Jahr 2025 wieder etwas über dem langjährigen Mittel“, fasst Förster Thiery seine Ergebnisse zusammen.

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