Schutz durch Nutzung in den „Bachtälern im Kaufunger Wald“
Wie eine Maschine in Südniedersachsen die Artenvielfalt erhält
(Mollenfelde) Im südlichsten Zipfel Niedersachsens liegt ein Naturschutzgebiet, das die Niedersächsischen Landesforsten kürzlich mit besonderer Technik gepflegt haben. Auf den besonders steilen und sensiblen Flächen in den Bachtälern des Kaufunger Waldes ist ein Spezial-Motormäher notwendig, um Brombeeren und einwachsende Sträucher zu beseitigen. Ziel der Biotop-Pflege in der Revierförsterei Mollenfelde ist es, die mageren Wiesen für seltene Arten zu erhalten und einer Verbuschung entgegenzuwirken. Das Forstamt Münden möchte das Grünland bei Kleinalmerode offen halten. Nur so überleben konkurrenzschwache Kräuter und die davon abhängigen Insekten, Vögel und Kleinsäuger auf den landschaftlich reizvollen Wiesentälern.
Unterstützung für geschützte Arten
Das Laub fällt, die Tage werden kürzer, der Winter naht. Die Zugvögel sind längst im Süden und der Großteil der Schmetterlingsraupen hat sich verpuppt. Das ist das Startzeichen für Martin Nitsche. Der Förster für Waldökologie und Naturschutz im Forstamt Münden war bereits im Sommer auf den mageren Wiesen unterwegs und erzählt begeistert von ihrem Artenreichtum. Im Fauna-Flora-Habitat-Gebiet „Bachtäler im Kaufunger Wald“, einem repräsentativen Schutzgebiet mit europaweiter Bedeutung, stellen nährstoffarme Wiesen eine Besonderheit dar. „Die Wiesen sind ein Paradies für Insekten und dadurch auch für Vögel und Kleinsäuger. Sie sind von Wald umgeben und weisen eine hohe Vielfalt an Blühpflanzen auf. Auch alte und inzwischen sehr selten gewordene Heilpflanzen wachsen hier“, freut sich Förster Nitsche. Dazu gehört der Teufelsabbiss, dessen kugelige blaue Blütenstände vielen seltenen Tagfaltern Nektar bieten.
Der Artenreichtum auf den mageren Wiesen ist nicht natürlich entstanden, weiß der Naturschutz-Fachmann. Nachdem sie den Wald gerodet hatten, nutzte die Bevölkerung die steilen und oft feuchten Wiesen als Weideland. Rinder und Ziegen hielten die Wiesen praktischerweise frei von aufkommenden Gehölzen. Mit ihren Klauen verwundeten sie zusätzlich den Boden und ermöglichten so die Ausbreitung krautiger Wiesenblumenarten.
Martin Nitsche erklärt, wie essentiell die Aufrechterhaltung dieser Biotop-Pflege ist: „Ohne menschliches Zutun würden diese artenreichen Wiesen verschwinden und Wald würde sich wieder ausbreiten. Es ist uns ein besonderes Anliegen, diesem Verlust von Lebensräumen für viele Insekten und seltene Blühpflanzen aktiv zu begegnen.“
Ein Problem sieht Nitsche in der schnellwachsenden Brombeere, die sich rasch ausbreitet. Zwar stelle sie ein tolles Sommerquartier für Haselmäuse und Vögel dar, verdränge jedoch die empfindlichen und seltenen Kräuter wie den Teufelsabbiss, weiß Naturschutzförster Nitsche. Die alleinige Beweidung mit Rindern in den Sommermonaten reiche jedoch nicht, um die zunehmende Verbuschung mit stacheligen Brombeerranken zu verhindern.
Maschinentechnik aus dem Alpenraum wo Klauen und Mäuler versagen
Außerhalb der Brut- und Setzzeit kamen jetzt im Herbst Spezialmaschinen zum Einsatz, die sonst meist nur in alpinen Steillagen arbeiten. Heimische große und schwere Maschinen wären auf den feuchten Böden nicht einsetzbar. Dank einer Fernsteuerung kann der Motormäher gezielt an den verbuschten Stellen eingesetzt werden, ohne dabei die gesamte Wiese zu mulchen. Die Maschine schneidet den unerwünschten Bewuchs in geringer Höhe ab, sodass im oder am Boden lebende Arten nicht geschädigt werden. Parallel dazu zieht ein Team von Forstwirten mit einer speziellen tragbaren Winde umgefallene Bäume von der Wiese, die durch Stürme und Trockenheit der letzten Jahre ihre Standfestigkeit verloren haben. Die abgestorbenen Bäume verbleiben als Totholzquelle in den umliegenden Waldstücken.
Mündener Forstleute blicken gespannt auf das Ergebnis des Einsatzes. Tjorven von Grambusch will im nächsten Frühjahr nachschauen, welche Kräuter auf den mageren und artenreichen Wiesen erhalten bleiben. Die junge Forstinspektoranwärterin rechnet fest mit dem Teufelsabbiss. „Auch viele andere Kräuter überdauern im Boden und locken mit ihrer Blühpracht eine Vielzahl von Insekten an und ernähren sie. So gewährleisten die Landesforsten eine funktionierende Nahrungskette und ein gesundes Ökosystem“, freut sich die Forstfrau über das Naturschutzprojekt, das sie während ihrer Ausbildungszeit im Forstamt Münden begleiten darf.