Forstleute aus Reinhausen und Münden pflanzen Streuobstbäume
Kulturgut erhalten und Lebensräume schaffen mit Dülmener Rosenapfel und Freys Rekord
(Reinhausen / Münden) Sie tragen Namen wie Winterhimbeer, Finkenwerder Herbstprinz oder Freys Rekord und ihre Geschmacksrichtungen reichen von saftig nussig über vanilleartig bis hin zu Zimtaromen. Alte Apfelsorten bieten eine unglaubliche Vielfalt, die man so im Supermarkt nicht finden kann. „Gemeinsam mit Martin Nitsche, meinem Försterkollegen für Naturschutz, habe ich im letzten Jahr rund 80 neue Obstbäume alter Sorten gepflanzt. Einmal angefangen konnte ich einfach nicht mehr aufhören, mich mit alten Obstbäumen zu beschäftigen“, schildert Förster Konstantin Johannsen seine Begeisterung. Die Forstämter Reinhausen und Münden betreuen mehrere alte Streuobstwiesen auf Flächen der Niedersächsischen Landesforsten und pflegen damit ein besonderes Kulturgut. „Die Sorten wie der Edelborsdorfer gehen teilweise bis auf das 12. Jahrhundert zurück“, weiß Konstantin Johannsen vom Forstamt Reinhausen.
Bei so manch altem zusammenfallenden Baum sei die Sorte unbekannt, ergänzt Martin Nitsche. Hier könne nur ein Pomologe weiterhelfen. Anhand der Früchte ließe sich die Sorte bestimmen, so der Fachmann für Naturschutz und Waldökologie vom Forstamt Münden. „Besonders seltene, zusammenfallende Baumexemplare lassen sich zum Glück durch die Veredelungstechnik erhalten. Hierbei wird ein einjähriger Trieb vom alten Baum geschnitten und mit einem gezielten Veredelungsschnitt auf einen jungen Baum gesetzt. Wie ein Transplantat kann der alte Baum so auf neuer Wurzel weiterwachsen“, beschreibt Martin Nitsche die im Obstbau verbreitete Praxis.
Viele Menschen wüssten gar nicht um die Vielfalt und das Kulturgut, das unbeachtet am Wegesrand stehe. Daher hätten sie sich dazu entschlossen alle neu gepflanzten Bäume mit einem ausführlichen Sortenschild zu versehen. Erholungssuchende könnten sich so mit einem kurzen Blick Informationen über die Vielfalt auf unseren Wiesen bekommen und zur richtigen Jahreszeit auch gerne mal einen Apfel probieren. „Wir hoffen, dass die Beschilderung Menschen zum Naschen verleitet und vielleicht ein Nachahmer eine alte Obstsorte im eigenen Garten pflanzt“, wünscht sich Förster Johannsen.
Der Erhalt der Bäume bis ins hohe Alter sichert nicht nur das Erbgut der alten Sorten. Gerade alte Obstbäume mit ihren vielen Höhlen und morschen Stellen sind auch für zahlreiche gefährdete Tierarten, wie den Gartenschläfer ein wertvoller Lebensraum. Nach dem Absterben leben Folgenutzer an und von den Bäumen. Der Hirschkäfer zum Beispiel, der auf modernde abgestorbene Baumstümpfe mit Erdkontakt angewiesen ist und die Baumstümpfe von an alten Obstbäumen gerne als Brutstätte annimmt. Ein Grund mehr, dass die Niedersächsischen Landesforsten die Neuanlage von Streuobstwiesen forcieren.
Unser Foto 1 zeigt Förster Johannsen beim Anbringen des ersten Schildes an der Revierförsterei Ebergötzen
Foto 2: An einem alten absterbenden Baum im Naturschutzgebiet Husumer Tal wird ein sogenannter Edelreiser geschnitten der auf einem jungen Bäumchen weiterleben darf
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